Von der Autobahn in die Dorfstraße – Nußdorf wehrt sich gegen den Verkehrsinfarkt

Nußdorf – Der Verkehr rollt nicht mehr – er steht. Seit Beginn der Bauarbeiten auf der Autobahn A8 staut sich der Ausweichverkehr täglich durch das Ortszentrum von Nußdorf. Die Sanierung der Prientalbrücke bei Frasdorf und die parallel laufende Brückenbaustelle bei Rohrdorf sorgen für erhebliche Rückstaus auf der Autobahn. Navigationsgeräte schlagen daraufhin Umleitungen über die Anschlussstellen Brannenburg oder Bad Aibling vor – und führen die Autofahrer direkt durch die Gemeindestraßen von Nußdorf. Besonders an den Wochenenden beginnt der Rückstau bereits kurz nach der Autobahnabfahrt Brannenburg/Nußdorf und reicht bis ins Herz des Dorfes. Wer über Bad Aibling ausweicht, wird über Bad Feilnbach und Brannenburg weitergeleitet – mit dem Ergebnis, dass sich eine Blechlawine durch die engen Straßen der Gemeinde wälzt. Was auf dem Navi nach einer klugen Abkürzung aussieht, bedeutet für die Bevölkerung Lärm, Abgase, Stillstand.
Nußdorfs Erste Bürgermeisterin Susanne Grandauer (FWG/CSU) kümmert sich aktiv um die zunehmenden Belastungen. Sie stellt klar, dass es ihr nicht darum gehe, den Verkehr generell zu verbieten, sondern darum, gezielt auf Verkehrsspitzen zu reagieren. Bei großräumigen und längerfristigen Baustellen müsse der Ausweichverkehr frühzeitig mitgedacht und gelenkt werden – nicht zulasten der kleinen Gemeinden entlang der Strecke. Sie fordert klare, überregionale Umleitungsstrategien, die Wohnorte wie Nußdorf nicht zum Auffangbecken für den Autobahnverkehr machen. Dabei sieht sie auch den Freistaat Bayern in der Pflicht. Während Tirol längst zeige, wie sich Bürger durch konsequente Maßnahmen wie Lkw-Durchfahrtsverbote schützen lassen, fehle es im Landkreis Rosenheim bislang an vergleichbarer Entschlossenheit.
Um Veränderungen anzustoßen, hat Susanne Grandauer mit einigen Bürgermeisterkollegen bereits das Gespräch mit Landrat Otto Lederer (CSU) gesucht. In einem ersten Austausch wurde vereinbart, gemeinsam an praktikablen Lösungen für Nußdorf und die Region zu arbeiten. Ein Schwerpunkt soll dabei auf rechtssicheren, gezielten Verkehrslenkungsmaßnahmen liegen. Grandauer fordert unter anderem, dass das Landratsamt auf Grundlage von § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung temporäre Sperrungen stark frequentierter Autobahnausfahrten prüft – etwa an der A93 bei Brannenburg. Auch Einschränkungen des Durchgangsverkehrs in besonders sensiblen Bereichen und eine verstärkte Polizeipräsenz hält sie für notwendig. Ziel sei es, zumindest während der aktuellen Bauphase eine spürbare Entlastung für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.
Klar ist für die Bürgermeisterin: Das Problem ist nicht mit dem Ende der laufenden Sanierung erledigt. Von 2026 bis 2035 sind auf der A8 weitere umfangreiche Bauprojekte geplant – vom Neubau der Bahnbrücke bei Rohrdorf über eine umfassende Fahrbahnsanierung bis zur Erweiterung der Rastanlage Samerberg-Nord. Ohne langfristige Verkehrsstrategien droht sich das heutige Provisorium zum Dauerzustand zu entwickeln. Grandauer macht deutlich: Gemeinden wie Nußdorf dürfen mit den Folgen dieser Großmaßnahmen nicht weiter alleingelassen werden. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Ebenen – sonst wird die Dorfstraße endgültig zur Autobahn.